Pressestimmen zu „Mondpunk“
von Darmstädter Echo | lex23 | 23. April 2010
Systemkritik mit viel Rhythmus und Kante
Konzert: Skapunkpolkarock mit Akustikgitarre: ,,Strom und Wasser“ und die starke Stimme Heinz Ratz in der Centralstation Darmstadt. Heinz Ratz klingt völlig anders, als er aussieht. Sein deftiger Gesang lässt an einen massiven Typen denken, gekleidet in Schwarz, vielleicht eine abgewetzte Lederjacke drüber. Doch dann steht da ein stoffeliger Einundvierzigjähriger in Jeans und Sportschuhen, der hinter seinem bauchigen Akustikbass regelrecht schmächtig wirkt. Seine Stimme aber ist das Gegenteil. Rau und charakteristisch schallt das Organ des Kopfs von ,,Strom und Wasser“ am Mitt woch abend von der Bühne in den Centralstations-Saal. Einnehmend ist der beherzte Gesang des Kieler Nordlichts in seinem Moritatenseemannsklang, gleichsam brüchig und stark wie Küstenklippen in der Brandung, pointiert und mahnend die Texte ausrufend: ,,Auch die Armut hat Kraft!“
Viel Kante besitzt auch die Musik, die die wiederholt mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnete Gruppe selbst als ,,Randfiguren-Skapunkpolkarock“ bezeichnet. Dass sie es gern perkussiv und rhythmisch treiben, macht schon das mit vielen Mikrofonen abgenommene Schlagzeugset nebst Vibrafon klar. Maria Schneider spielt es ähnlich abwechslungsreich und dynamisch wie auf der anderen Bühnenseite Ingo Hassenstein seine Akustikgitarre, der er eine enorme Bandbreite an Sounds und Tönen entlockt.
Eher bedrohlich und punkig wirken dazu die Bassläufe von Frontmann Ratz, der passenderweise heißt wie eine Figur aus der antiautoritären Siebziger-Jahre-Kinderserie ,,Rappelkiste“ – wohnt doch auch der Musik ein rappelkistenhaftes Ungestüm inne. Das Mitreißende daran ist auch der beharrlichen Taktung zu verdanken: Schlagzeugschläge, Gitarrenriffs, Bassläufe, Textrhythmus – alles marschiert zusammen wie in einer Musikereinheitsfront, die ein gemeinsames Ziel verfolgt: die Botschaft griffig zum Klingen bringen.
Leider ist es schwer, den engagierten Texten zu folgen, die Heinz Ratz zu der flotten Musik oft im Schnellsprechmodus her unterrattert. Das ist umso bedauerlicher, als der einst auf der Straße lebende Querdenker, Pazifist und Antirassist etwas zu sagen hat. Viel davon packt er in die ausgiebigen Plaudereien, die zwischen den Stücken für Belustigung im Publikum sorgen. Einmal versucht er gar, wie James Brown zu tanzen – freilich nur zur Verhohnepipelung der Präsidenten dieser Welt. So unterhaltsam kann Systemkritik sein.